Tarifvertrag

Tarifvertrag
I. Begriff:Entsprechend  Tarifvertragsgesetz (TVG) ein bürgerlich-rechtlicher Vertrag zwischen Parteien mit Tariffähigkeit zur Regelung ihrer Rechte und Pflichten (schuldrechtlicher Teil) und zur Festsetzung von arbeitsrechtlichen Normen (normativer Teil). T. bedarf gemäß § 1 II TVG grundsätzlich der Schriftform.
- Vgl. auch  Entgelt-Tarifvertrag,  Firmentarifvertrag,  Flächentarifvertrag,  Lohntarifvertrag,  Manteltarifvertrag,  Verbandstarifvertrag.
II. Tarifvertragspartner(Tarifvertragsparteien): Auf der Arbeitnehmerseite die  Gewerkschaften, auf der Arbeitgeberseite die  Arbeitgeberverbände (Verbandstarif) und einzelne Arbeitgeber (Haus-, Werk- oder Firmentarif).
- Vgl. auch  Tariffähigkeit,  Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen.
III. Registrierung:Abschluss, Änderung und Aufhebung des T. werden in einem  Tarifregister eingetragen, das beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geführt wird. In den Bundesländern werden gleichfalls Tarifregister geführt. Die Eintragung in das Tarifregister ist nicht Wirksamkeitserfordernis des T.
IV. Inhalt:1. Normative Bestimmungen: Rechtsnormen zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder der beteiligten Tarifvertragsparteien, v.a. der Arbeitsverhältnisse (Arbeitsbedingungen). Sie gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen ( Tarifgebundenheit). Sie dürfen nicht gegen zwingendes staatliches Recht verstoßen (sonst Nichtigkeit gemäß § 134 BGB). Sie sind unabdingbar, können also nicht durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden ( Günstigkeitsprinzip).
- Wirkung der Normativbestimmungen nach Geltungsbereichen unterschiedlich: a) Zeitlicher Geltungsbereich: Dieser deckt sich im Zweifel mit der Dauer des Tarifvertrags. Abweichende Regelung möglich in der Weise, dass die Geltung der Normen oder eines Teiles davon schon vor Beendigung des Tarifvertrags aufhören soll. Nach Ablauf des T. tritt die Nachwirkung gemäß § 4 V TVG ein.
- b) Räumlicher Geltungsbereich: Ist von den Tarifvertragsparteien beliebig abzugrenzen für das Gebiet, in dem sie satzungsmäßig zuständig sind. Im Zweifel gelten die Normen bei Verbandstarif ( Flächentarifvertrag) für das ganze Gebiet der Tarifvertragsparteien und beim Werks-, Haus- oder Firmentarif für sämtliche gleichartigen Betriebe des Arbeitgebers. Je nach Größe des Tarifgebietes unterscheidet man Orts-, Bezirks-, Landes- und Bundestarife.
- c) Sachlicher Geltungsbereich: Dieser kann sich betrieblich oder fachlich bestimmen, grundsätzlich für einen ganzen Wirtschaftszweig (z.B. Großhandel, Einzelhandel, Metallindustrie). Bei gemischten Betrieben entscheidet der im Betrieb überwiegende Betriebszweck.
- Problematisch ist, welcher T. anzuwenden ist, wenn ein Betrieb die fachlichen Geltungsvoraussetzungen mehrerer T. erfüllt (Tarifkonkurrenz). Ebenso tritt das Problem der Tarifkonkurrenz auf, wenn ein Arbeitgeber aus einem Arbeitgeberverband in einen anderen übertritt. Der Arbeitgeber ist dann einerseits an die vom Verband, dem er zuvor angehörte, geschlossenen T. gebunden (§ 3 III TVG), andererseits tritt durch den Beitritt zu dem anderen Verband eine Tarifbindung an die von diesem geschlossenen T. ein (§ 3 I TVG). Es ist davon auszugehen, dass für einen Betrieb immer nur ein T. gelten soll (Prinzip der Tarifeinheit), und zwar der aufgrund seiner betrieblichen, fachlichen und räumlichen Nähe speziellere T. (Spezialitätsprinzip).
- d) Persönlicher Geltungsbereich: Abgrenzung eines T. nach Merkmalen persönlicher Art. Herkömmlicherweise werden für Angestellte und Arbeiter getrennte T. abgeschlossen. Der persönliche Geltungsbereich von T. kann noch enger sein, z.B. eigene T. für Auszubildende.
- Der persönliche Geltungsbereich darf nicht mit der  Tarifgebundenheit verwechselt werden.
- 2. Schuldrechtliche Bestimmungen: Abreden, die das Rechtsverhältnis der Parteien des T. untereinander regeln.
- a) Friedenspflicht: Gegenseitige Verpflichtung zur Wahrung des Arbeitsfriedens. Sie verbietet Kampfmaßnahmen, die sich gegen den Bestand des T. richten, wenn mit ihnen die vorzeitige Aufhebung oder Änderung eines T. oder einzelner Teile bezweckt wird.
- b) Einwirkungspflicht: Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, auf ihre Verbandsmitglieder im Sinn eines tarifgemäßen Verhaltens einzuwirken. Sie verpflichtet jedoch nicht zum Eingreifen gegen tarifwidriges Verhalten im Einzelfall, sondern nur bei der Verletzung kollektiver Interessen.
- Bei Verletzung der Friedens- und Einwirkungspflicht Schadensersatzansprüche.
V. Beendigung/Nachwirkung:Ein T. endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Er kann auch von den Parteien des T. aufgehoben oder durch einen neuen T. ersetzt werden. Viele T. sehen die Möglichkeit einer befristeten Kündigung vor. Den Tarifgebundenen gegenüber entfällt mit dem Ende des T. noch nicht jede Wirkung. Gemäß § 4 V TVG gelten die Rechtsnormen – nicht dagegen die schuldrechtlichen Vereinbarungen – eines T. nach dessen Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die nachwirkenden Normen sind aber dispositiv, weichen daher auch einzelvertraglichen Abreden.
VI. Unverbrüchlichkeit tariflicher Rechte:Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nach § 4 IV 1 TVG nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Nach § 4 IV 2 ist auch die  Verwirkung tariflicher Rechte ausgeschlossen. Tarifliche Rechte sind Rechte, die zwar im Arbeitsvertrag ihre Grundlage haben, aber durch den T. dem Umfang nach festgelegt sind, z.B. Ansprüche auf tarifliche Vergütung oder auf den tariflichen Urlaub.

Lexikon der Economics. 2013.

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